Verspätung

Das hätte doch schon vor einem Jahr sein müssen!

Seit nunmehr fast einem Jahr gehen von Russlands Angriffskrieg Tod und Zerstörung aus. Diesen brutalen Krieg trägt Putin nicht nur auf dem Schlachtfeld aus, sondern nimmt rücksichtslos auch Zivilisten ins Visier. Dafür muss er als Aggressor zur Rechenschaft gezogen werden. Und so ziehen wir mit einem zehnten Sanktionspaket die Daumenschrauben fester.

Als Erstes schlagen wir weitere Ausfuhrverbote in Höhe von über 11 Mrd. EUR vor, um der russischen Wirtschaft kritische Technologie und industrielle Güter zu entziehen. Um damit die größtmögliche Wirkung zu erreichen, konzentrieren wir uns auf viele industrielle Güter, die Russland benötigt und nicht durch „Backfilling“ von Drittstaaten beziehen kann. Dazu zählen wichtige Güter wie Elektronik, Spezialfahrzeuge, Maschinenteile, Ersatzteile für Lkw und Triebwerke. Ferner gehören dazu auch Güter für das Baugewerbe, die Russland militärisch nutzen kann, z. B. Antennen oder Kräne.

Unser zweites Ziel ist es, die Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck und Gütern mit fortschrittlicher Technologie weiter einzuschränken. Wir schlagen Kontrollen für 47 neue elektronische Bauteile vor, die für russische Waffensysteme sowie Drohnen, Raketen und Hubschrauber verwendet werden können; auch bestimmte Seltene Erden und Wärmebildkameras sollen unter diese Kontrollen fallen. So verbieten wir alle Tech-Produkte, die auf dem Schlachtfeld benötigt werden. Wir werden dafür Sorge tragen, dass diese nicht auf anderem Wege dorthin gelangen. Daher werden wir die für Russland geltenden Sanktionen für Güter mit doppeltem Verwendungszweck erstmals auch auf Unternehmen aus Drittstatten ausweiten. Die Iranische Revolutionsgarde beliefert Russland mit Kampfdrohen vom Typ Shahed für den Angriff auf zivile Ziele in der Ukraine. Deshalb werden wir unsere Sanktionsmaßnahmen für Güter mit doppeltem Verwendungszweck nun auch auf sieben iranische Unternehmen ausweiten. Ihnen ist es ab jetzt untersagt, diese sensiblen Güter an Russland zu verkaufen. Wir sind bereit, dieses Embargo auf weitere Unternehmen im Iran und in anderen Drittstaaten auszuweiten, die Russland mit sensiblen Gütern beliefern. Damit wollen wir andere Unternehmen und internationale Händler abschrecken.

Mein drittes Ziel ist Russlands Propagandamaschine. Putin trägt seinen Krieg mit seiner Armee an Propagandisten und Desinformationsakteuren auch im öffentlichen Raum aus. Sie verbreiten toxische Lügen, um unsere Gesellschaften zu polarisieren. Daher schlagen wir auch gegen Putins Propagandisten sowie gegen weitere militärische Befehlshaber und politische Führungskräfte Sanktionen vor. Der Hohe Vertreter Borrell wird Ihnen weitere Einzelheiten zu den heute von uns vorgeschlagenen Maßnahmen mitteilen.

Damit haben wir heute die härtesten Sanktionen geschaffen, die je durch die Europäische Union verhängt wurden. Wir müssen sicherstellen, dass sie streng durchgesetzt werden. Daher werden mit dem 10. Sanktionspaket neue Maßnahmen eingeführt, mit denen die Umgehung dieser Sanktionen verhindert werden soll. Kommen wir nun zu meinem vierten Ziel. Wir werden Oligarchen aufspüren, die versuchen, ihr Vermögen zu verstecken oder zu verkaufen, um den Sanktionen zu entgehen. Gemeinsam mit den Mitgliedstaaten werden wir eine Liste aller eingefrorenen Vermögenswerte der Russischen Zentralbank in der EU aufstellen. Wir müssen wissen, wo sich diese befinden und welchen Wert sie haben. Dies ist entscheidend im Hinblick auf eine mögliche Verwendung der öffentlichen russischen Vermögenswerte zum Wiederaufbau in der Ukraine.

Schließlich arbeiten wir eng mit den Mitgliedstaaten, Wirtschaftsteilnehmern und Partnerländern zusammen, um der Umgehung ein Ende zu bereiten. Unser Sonderbeauftragter David O‘Sullivan steht mit Drittstaaten in Kontakt, um die strenge Durchsetzung der Sanktionen sicherzustellen und deren Umgehung zu verhindern. In der kommenden Woche wird ein Forum der Koordinatorinnen und Koordinatoren für Sanktionsfragen stattfinden, in dem unsere internationalen Partner und die Mitgliedstaaten zusammenkommen, um ihre Bemühungen zur Durchsetzung zu intensivieren. Gemeinsam ziehen wir die Schlinge um Russland immer enger. Ich fordere die Mitgliedstaaten auf, dieses neue Sanktionspaket umgehend anzunehmen. Gemeinsam mit unseren G7-Partnern ist es unser Ziel, bis zum 24. Februar weitere erhebliche Sanktionen zu schaffen – auf den Tag genau ein Jahr nachdem Putins imperialer Krieg begann.

Stopp Autobahnbau

An: Volker Wissing, Bundesverkehrsminister

Tempo bei der Mobilitätswende statt beim Autobahn-Ausbau

Sehr geehrter Herr Bundesminister Wissing,

wir fordern Sie auf, den Autobahnausbau jetzt zu stoppen – anstatt ihn weiter zu beschleunigen. Der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) braucht eine Generalüberholung. Und die Projekte aus dem BVWP dürfen schon gar nicht in beschleunigten Verfahren durchgesetzt werden. Schnelle Verfahren braucht es stattdessen für den Ausbau klimagerechter Mobilität.

Kaum ein Land in Europa hat ein so dichtes Straßennetz wie Deutschland. Ihr Plan, für weit über 100 Milliarden Euro weitere Hunderte neue Autobahnkilometer zu bauen, ist keine Zukunftspolitik, sondern aus der Zeit gefallen.

Sie stehen in der Verantwortung, Freiheit durch bezahlbare und saubere Mobilität für alle Menschen zu schaffen. Das geht nur mit bezahlbarem öffentlichen Nah- und Fernverkehr und einem Ausbau der Bahn, gerade für Menschen im ländlichen Raum. Um die 1,5°C-Grenze nicht zu brechen, brauchen wir eine gerechte Mobilitätswende und schnelles Handeln in der Verkehrspolitik. Das Gemeinwohl muss an erster Stelle stehen, nicht die Autolobby!

Warum ist das wichtig?

Verkehrsminister Wissing plant, den Ausbau von Autobahnen per Gesetz zum öffentlichen Interesse zu erklären und so erheblich zu beschleunigen.[¹] Doch wissenschaftlich ist lange belegt: Mehr Straßen und Autobahnen führen zu mehr Verkehr. Seit Jahren reißt der Verkehrssektor seine selbst gesteckten Klimaziele, im letzten Jahr unter der Ampel-Regierung und dem FDP-Verkehrsminister Wissing verzeichnete der Sektor sogar einen höheren CO2-Ausstoß als im Jahr 2021.[²]

Mit einem weiteren und schnelleren Ausbau von Autobahnen in Deutschland wird der Ausstoß im Verkehrssektor weiter ansteigen! Deswegen muss Wissing jetzt handeln und eine echte Mobilitätswende umsetzen: Wir brauchen massive Investitionen in Schieneninfrastruktur, der Ausbau von Autobahnen hingegen ist in Zeiten der Klimakrise unnötig und gefährlich.

Inmitten einer Klimakrise wollen Sie Autobahnpläne aus dem letzten Jahrhundert verwirklichen, statt auf zukunftsfähige Infrastruktur zu setzen. Herr Verkehrsminister Wissing, es liegt an Ihnen, eine gerechte Mobilität ins Rollen zu bringen. Öffentlicher Nah- und Fernverkehr müssen jetzt ausgebaut werden, um eine Verkehrswende für alle zu sichern. Um eine 1,5°C-konforme Politik in Deutschland überhaupt möglich zu machen, müssen Sie sofort handeln, Herr Wissing!


Quellen:
[¹] “Volker Wissings toxische Liste”, spiegel.de, 18. Januar 2023.
[²]https://www.agora-verkehrswende.de/presse/newsuebersicht/verkehrssektor-verfehlt-2022-erneut-klimaziel/

Vorfahrt für Vernunft

Die Bundesregierung streitet seit Wochen um die Verkehrspolitik. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will nicht nur Brücken, sondern auch Autobahnen schneller aus- und neu bauen lassen. Das lehnen die Grünen vor dem Hintergrund der Klimaziele ab. Der Initiative Agora Energie- und Verkehrswende zufolge verfehlte der Verkehrssektor die Klimaziele im Jahr 2022 um elf Millionen Tonnen CO2-Emmissionen.Die Grünenfraktion fordert von Wissing konkrete Maßnahmen, damit die Klimaziele im Verkehrsbereich erreicht werden. Dafür müsse der Ausbau von Schienen anstelle von Autobahnen priorisiert werden. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge fordert in der Welt von der FDP zudem generell mehr Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien sowie eine Debatte über ein Tempolimit oder den Abbau umweltschädlicher Subventionen.FDP-Generalsekretär Djir-Sarai warf den Grünen gegenüber der „dpa” einen „ideologischen Kampf gegen die Straße” und Verzögerung von Infrastrukturförderung vor. Wissing verteidigte den Autobahnbau in der Bild am Sonntag damit, die Menschen entlasten zu wollen, die durch kaputte Straßen im Stau stünden. Auch Thorsten Frei (CDU) begrüßte die FDP-Pläne am Montag bei Anne Will, da Autobahnen die Lebensader der Wirtschaft seien.

Das Ergebnis der Umfrage ist ein knappes JA.

Weitere Informationen:

https://www.fr.de/politik/der-traum-von-den-zehn-spuren-92078524.html

Aufstand für den Frieden

Heute ist der 352. Kriegstag in der Ukraine. Über 200.000 Soldaten und 50.000 Zivilisten wurden bisher getötet. Frauen wurden vergewaltigt, Kinder verängstigt, ein ganzes Volk traumatisiert. Wenn die Kämpfe so weitergehen, ist die Ukraine bald ein entvölkertes, zerstörtes Land. Und auch viele Menschen in ganz Europa haben Angst vor einer Ausweitung des Krieges. Sie fürchten um ihre und die Zukunft ihrer Kinder.

Die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung braucht unsere Solidarität. Aber was wäre jetzt solidarisch? Wie lange noch soll auf dem Schlachtfeld Ukraine gekämpft und gestorben werden? Und was ist jetzt, ein Jahr danach, eigentlich das Ziel dieses Krieges? Die deutsche Außenministerin sprach jüngst davon, dass „wir“ einen „Krieg gegen Russland“ führen. Im Ernst?

Präsident Selenskyj macht aus seinem Ziel kein Geheimnis. Nach den zugesagten Panzern fordert er jetzt auch Kampfjets, Langstreckenraketen und Kriegsschiffe – um Russland auf ganzer Linie zu besiegen? Noch versichert der deutsche Kanzler, er wolle weder Kampfjets noch „Bodentruppen“ senden. Doch wie viele „rote Linien“ wurden in den letzten Monaten schon überschritten?

Es ist zu befürchten, dass Putin spätestens bei einem Angriff auf die Krim zu einem maximalen Gegenschlag ausholt. Geraten wir dann unaufhaltsam auf eine Rutschbahn Richtung Weltkrieg und Atomkrieg? Es wäre nicht der erste große Krieg, der so begonnen hat. Aber es wäre vielleicht der letzte.

Die Ukraine kann zwar – unterstützt durch den Westen – einzelne Schlachten gewinnen. Aber sie kann gegen die größte Atommacht der Welt keinen Krieg gewinnen. Das sagt auch der höchste Militär der USA, General Milley. Er spricht von einer Pattsituation, in der keine Seite militärisch siegen und der Krieg nur am Verhandlungstisch beendet werden kann. Warum dann nicht jetzt? Sofort!

Verhandeln heißt nicht kapitulieren. Verhandeln heißt, Kompromisse machen, auf beiden Seiten. Mit dem Ziel, weitere Hunderttausende Tote und Schlimmeres zu verhindern. Das meinen auch wir, meint auch die Hälfte der deutschen Bevölkerung. Es ist Zeit, uns zuzuhören!

Wir Bürgerinnen und Bürger Deutschlands können nicht direkt auf Amerika und Russland oder auf unsere europäischen Nachbarn einwirken. Doch wir können und müssen unsere Regierung und den Kanzler in die Pflicht nehmen und ihn an seinen Schwur erinnern: „Schaden vom deutschen Volk wenden“.

Wir fordern den Bundeskanzler auf, die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen. Jetzt! Er sollte sich auf deutscher wie europäischer Ebene an die Spitze einer starken Allianz für einen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen setzen. Jetzt! Denn jeder verlorene Tag kostet bis zu 1.000 weitere Menschenleben – und bringt uns einem 3. Weltkrieg näher.

Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht

DIE 69 ERSTUNTERZEICHNERiNNEN

Dr. Franz Alt Journalist und Bigi AltChristian Baron Schriftsteller • Franziska Becker Cartoonistin • Dr. Thilo Bode Foodwatch-Gründer • Prof. Dr. Peter Brandt Historiker • Rainer Braun Internationales Friedensbüro (IPB) • Andrea Breth ­Regisseurin • Dr. Ulrich Brinkmann Soziologe • Prof. Dr. Christoph Butterwegge Armutsforscher • Dr. Angelika Claußen IPPNW Vize-Präsidentin Europa • Daniela Dahn Publizistin • Rudolf Dressler Ex-Staatssekretär (SPD) • Anna Dünnebier Autorin • Petra Erler Geschäftsführerin (SPD) • Valie Export Künstlerin • Bettina Flitner ­Fotografin und Autorin • Justus Frantz Dirigent und Pianist • Holger Friedrich Verleger ­Berliner ­Zeitung • Katharina Fritsch Künstlerin • Prof. Dr. Hajo Funke Politikwissenschaftler • Dr. Peter Gauweiler Rechtsanwalt  (CSU) • Jürgen Grässlin Dt. Friedensgesellschaft • ­Wolfgang Grupp Unternehmer • Prof. Dr. Ulrike Guérot Politikwissenschaftlerin • ­Gottfried ­Helnwein Künstler • Hannelore Hippe Schriftstellerin • Henry Hübchen Schauspieler • ­Wolfgang ­Hummel Jurist • Otto Jäckel Vorstand IALANA • Dr. Dirk Jörke Politikwissenschaftler • Dr. ­Margot Käßmann Theologin • Corinna Kirchhoff Schauspielerin • Uwe Kockisch Schauspieler • Prof. Dr. Matthias Kreck Mathematiker • Oskar Lafontaine Ex-Minister­präsident  • Detlef Malchow Kaufmann • Gisela Marx Journalistin • Prof. Dr. ­Rainer Mausfeld ­Psychologe • Roland May Regisseur • Maria Mesrian Theologin/Maria 2.0 • Reinhard Mey Musiker und Hella MeyProf. Dr. Klaus Moegling ­Scientists for Future • Michael Müller Vorsitzender NaturFreunde • Franz Nadler Connection e. V. • Dr. ­Christof ­Ostheimer ver.di-Vorsitzender Neumünster • Dr. Tanja Paulitz Soziologin • Romani Rose Vors. Zentralrat Deutscher Sinti und Roma • Eugen Ruge Schriftsteller • Helke Sander ­Filmemacherin • Michael von der Schulenburg ­UN-Diplomat a.D. • Hanna Schygulla Schauspielerin • Martin Sonneborn Journalist (Die Partei) • Jutta Speidel Schauspielerin • Dr. Hans-C. von Sponeck Beigeordneter ­UN-Generalsekretär a.D. • Prof. Dr. Wolfgang Streeck Soziologe und Politikwissenschaftler • Katharina Thalbach Schauspielerin • Dr. Jürgen Todenhöfer Politiker • Prof. Gerhard Trabert Sozial­mediziner • Bernhard ­Trautvetter Friedensratschlag • Dr. Erich Vad Brigade­general a.D. • Prof. Dr. Johannes Varwick Politikwissenschaftler • ­Günter Verheugen Ex-Vizepräsident EU-Kommission • Dr. Antje Vollmer Theologin (Die Grünen) • Prof. Dr. Peter Weibel Kunst- und ­Medientheoretiker • Nathalie Weidenfeld Schriftstellerin • ­Hans-Eckardt Wenzel ­Liedermacher • Dr. Theodor Ziegler Religionspädagoge

https://www.aliceschwarzer.de/artikel/kundgebung-aufstand-fuer-frieden-340051

Nicht alle teilen diesen Appell

Es stellt sich die Frage, ob diese Entwicklung in Europa nicht hätte verhindert werden können.

Welche Ereignisse haben nach der Rede Putins im September 2001 zu der heutigen Situation geführt und welche Rolle haben die USA dabei gespielt. War ein starkes Europa im Interesse der USA?

Wichtig ist dabei auch die Rolle der USA in der Weltpolitik nach 1945. Atombombe auf Japan, Kriege in Vietnam, Irak, Afghanistan.

Warum sind die USA eigentlich „unsere Freunde“?

Wortprotokoll der Rede Wladimir Putins im Deutschen Bundestag am 25.09.2001*

Wladimir Putin, Präsident der Russischen Föderation

„Niemand bezweifelt den großen Wert der Beziehungen Europas zu den Vereinigten Staaten. Aber ich bin der Meinung, dass Europa seinen Ruf als mächtiger und selbstständiger Mittelpunkt der Weltpolitik langfristig nur festigen wird, wenn es seine eigenen Möglichkeiten mit den russischen menschlichen, territorialen und Naturressourcen sowie mit den Wirtschafts-, Kultur- und Verteidigungspotenzialen Russlands vereinigen wird.

(Beifall)

Die ersten Schritte in diese Richtung haben wir schon gemeinsam gemacht. Jetzt ist es an der Zeit, daran zu denken, was zu tun ist, damit das einheitliche und sichere Europa zum Vorboten einer einheitlichen und sicheren Welt wird.
Sehr geehrte Damen und Herren, im Sicherheitsbereich haben wir in den letzten Jahren viel erreicht. Das Sicherheitssystem, welches wir in den vergangenen Jahrzehnten geschaffen haben, wurde verbessert. Eine der Errungenschaften des vergangenen Jahrzehnts war die beispiellos niedrige Konzentration von Streitkräften und Waffen in Mitteleuropa und in der baltischen Region. Russland ist ein freundlich gesinntes europäisches Land. Für unser Land, das ein Jahrhundert der Kriegskatastrophen durchgemacht hat, ist der stabile Frieden auf dem Kontinent das Hauptziel. Wie bekannt, haben wir den Vertrag über das allgemeine Verbot von Atomtests, den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen, die Konvention über das Verbot von biologischen Waffen sowie das START-II-Abkommen ratifiziert. Leider folgten nicht alle NATO-Länder unserem Beispiel.“

*Redeausschnitt. Die Rede, einschließlich der darin angesprochenen Verträge ist im Internet zur abrufbar.

Neokolonialismus

Lesenswertes Interview mit der wochentaz

„Ich nenne das neokolonial“

Mamphela Ramphele ist die Co-Vorsitzende des Club of Rome. Sie kritisiert, dass der Green Deal der Europäer koloniale Strukturen nicht aufbricht.

wochentaz: Frau Ramphele*, der Club of Rome beschäftigt sich seit Langem mit den ökologischen und sozialen Folgen des wirtschaftlichen Wachstums. Vom Green Deal behaupten die Europäer nun, er sei grün und fair. Stimmt das?

Mamphela Ramphele: Der Green Deal ist weder grün noch fair. Alle reden von einem fairen Übergang, weg von fossilen Brennstoffen. Fair bedeutet, dass beide Seiten davon profitieren. Aber das geht nur, wenn Verhandlungen auf Augenhöhe geführt werden, nicht vom Herren zum Knecht.

Sie bezeichnen den Green Deal als Kolonialismus?

Europa hat den Green Deal beschlossen, aber dann Ende 2021 die Tür geöffnet zu dem, was ich neuen Kolonialismus nenne: Wenn man sagt, dass Gas und Atomkraft grün sind, öffnet das die Tür für Holländer und Franzosen, die vor der Küste des südlichen Afrikas nach Öl und Gas suchen. Das zeigt, dass es der EU mit ihrem Green Deal nicht ernst ist.

Weiterlesen:

https://taz.de/Co-Chefin-des-Club-of-Rome-ueber-Europa/!5910575/

Ganz anders sieht das Christian Dürr von der FDP.

https://www.tagesspiegel.de/politik/fdp-fraktionschef-durr-im-interview-e-fuel-anlagen-in-afrika-helfen-dem-klima-und-schaffen-wertschopfung-dort-9297266.html

Zeitbombe Brücken – Mit Vollgas ins Unglück?

Erst die Home-Story

Ein beschaulicher Ort in der Pfalz. Da wohnt die Familie Wissing. Das ist die des Bundesverkehrsministers.

Bei Wissings brennt’s im Oberstübchen – das Dach ist halb abgebrand. Das nächste Tief wird Regen bringen.

Hilfesuchend wendet sich Frau Wissing an ihren Mann. Der ist in Berlin unabkömmlich.

Aber er will sie beruhigen: „Liebes! Ich habe gerade bei Möbel Hübner* neue Möbel für das Mansardenzimmer gekauft. Die werden morgen geliefert. Zieh eine Plane über das Loch im Dach, damit die neuen Möbel nicht nass werden.“**

Jetzt die Out-of-Home-Story:

In Deutschland sind rund 16.000 Brücken sanierungsbedürftig. Sie sind zu alt, zu belastet und die Materialien zu verbraucht. Fahren wir also mit Vollgas ins Unglück?

Unser Straßen- und Brückennetz ist das Nervensystem unserer Zivilisation, vielleicht die wichtigste architektonische Errungenschaft. Aber wenn unsere Verbindungswege nicht funktionieren, haben wir, egal ob in der Ukraine, Indien, Genua oder hierzulande, ein großes Problem. Dass viele Brücken in Deutschland marode sind, ist eigentlich bekannt, aber dass es noch mehr sind wie befürchtet und die sogar spontan versagen könnten, das erschreckt mittlerweile sogar Experten – bis hin zu unserem Verkehrsminister selbst.

https://www.swr.de/wissen/zeitbombe-bruecken-102.html?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

*„Möbel Hübner, der wohnt das weiß ich, Blücherstraße 32“

Werbespruch 1974 an vielen Hausfassaden in Berlin

**Der Wortlaut des Telefongesprächs wurde mistkaeferterror zugespielt; diesen Textauszug verbürgen wir.

Verkehrswende? Wohl nicht mit Wissing!

Gütertransport auf die Schiene, warum will Wissing mehr Straßen?*

Von Thomas Köhler 8. Februar 2023

Am Montag, dem 6. Februar, veröffentlichten die Vertreter und Vertreterinnen der Schienen- und Güterverkehrsverbände „Allianz pro Schiene“, „DIE GÜTERBAHNEN“, „Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer“ und „VPI – Verband der Güterwagenhalter in Deutschland e. V.“ eine gemeinsame Presseinformation unter dem Titel „Schienengüterverkehr: Wir können mehr, als Wissing uns zutraut“.

Benannte Pressemitteilung ist eine Generalkritik an Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), der den Ausbau von Autobahnen forciert, mit der Begründung, die Schiene könne es nicht leisten. Die Verbände wollen dies nicht so stehen lassen und fordern, dringend alle Maßnahmen für den Schienenverkehr zu beschleunigen.

Verband: Schienenausbau dringend geboten

Dazu Peter Westenberger, Geschäftsführer des Verbands DIE GÜTERBAHNEN: „Die Uhr tickt. Um den unstrittigen Schienenausbau zu beschleunigen, reichen der Koalitionsvertrag und das Ergebnis der Beschleunigungskommission Schiene. Die 70 Vorschläge lässt Wissing seit knapp zwei Monaten liegen.“

Das ist auch so, denn der Bundesverkehrsminister sagt, dass die Kapazität der Schiene nicht ausreiche, um das zusätzliche Güteraufkommen von etwa 34 Prozent gegenüber 2019 von der Straße dorthin zu verlagern.

Wichtig erscheint mir hier auch die Aussage von Westenberger: „Die GÜTERBAHNEN haben in der Corona- und der Energiekrise geliefert. Leistung und Anteil am Güterverkehr liegen deutlich höher als vor Corona. Von zurzeit rund 20 Prozent halten unsere Unternehmen ein Wachstum auf 35 Prozent bis 2035 für möglich, wenn der Bund seine Hausaufgaben bei Infrastruktur und Rahmenbedingungen macht. Dann wären 10 bis 15 Prozent weniger Lkw als heute auf den Straßen unterwegs. Es braucht keinen Autobahnneubau, um Güterverkehrswachstum zu bewältigen.“

Warum will Wissing nicht?

Hier kann ich natürlich nur Vermutungen anstellen, aber unser Produktionssystem ist ja seit Jahren auf dem just in time“-Prinzip aufgebaut.

Die Zulieferung von Vorprodukten wird dabei so eng getaktet, dass relativ geringe Stückzahlen zu bestimmten Zeiten an den Produktionsstandort gebracht werden müssen. Somit wurden Lagerflächen an Produktionsstandorten minimiert. Die Lagerung der Vorprodukte wurde auf die Straßen verschoben, was natürlich eine ständige Zunahme des Gütertransports per LKW nach sich zog. Die LKW-Schlangen auf den Autobahnen und Bundesstraßen sind zu großen Teilen „rollende Warenlager“.

Das macht eine Verlagerung auf die Schiene teilweise schwierig, ohne (Wieder-)Aufbau einer Lagerstruktur am Produktionsstandort ist der LKW-Transport fast alternativlos.

In dem Zusammenhang verweise ich darauf, dass in der PKW-Produktion die Lieferung der Vorprodukte zu großen Teilen, aus genanntem Grund, per LKW erfolgt. Der Transport der fertigen PKW, zumindest über lange Strecken, wird per Schiene durchgeführt. Sage noch jemand, die Schiene könne nicht leisten.

Der Transport von Vorprodukten für die Produktion per Schiene ist eher von den Produzenten her nicht gewollt. Lagerhaltung kostet Geld, wenn man die Flexibilität in der Produktion beibehalten will, kostet sie viel Geld. Daraus könnte man schließen, dass der LKW-Transport zu billig ist.

Ich erspare mir hier detaillierte Ausführungen dazu, dass der jetzige LKW-Transport gegenüber dem Schienentransport ein Mehrfaches an Arbeitskräften benötigt.

Mein Fazit

Aus meiner Sicht gehören diese zwei Punkte zusammen:

1. Verlagerung des Gütertransports, besonders auf Langstrecken und im Transit, auf die Schiene. Dazu sind Instandsetzung und schneller Ausbau der Schieneninfrastruktur „im überragend öffentlichem Interesse“ erforderlich.

2. Das Prinzip „just in time“ gehört auf den Prüfstand. Ohne Aufbau von Lagerkapazitäten an den Produktionsstandorten wird der Güterverkehr per LKW weiter als alternativlos dargestellt werden.

Der Ausbau der Infrastruktur zum Schienentransport beinhaltet natürlich auch den Aus- und Aufbau von schnellen und flexiblen Be- und Entladeterminals für den Übergang am Zielort, von der Schiene auf die Straße. Am besten wäre natürlich die Übergabe direkt in die Lagerhaltung von Produktionsstandorten.

Da gibt es viel zu tun. Dirk Flege von der „Allianz pro Schiene“ bringt es auf den Punkt: „Im Koalitionsvertrag waren sich alle einig, dass die Schiene beschleunigt ausgebaut werden soll, Straßen hingegen wurden nicht genannt. Durch seine Fixierung auf neue Autobahnen verursacht Bundesverkehrsminister Volker Wissing koalitionsinternen Streit. Dadurch wird der beschleunigte Schienenausbau, der längst hätte auf den Weg gebracht werden können, ausgebremst. Diese Blockade verschärft die Probleme bei der Verkehrsinfrastruktur weiter, statt sie zu lösen.“

*Quelle: Der Beitrag entstand im Rahmen der Workshopreihe „Bürgerjournalismus als Sächsische Beteiligungsoption“ – gefördert durch die FRL Bürgerbeteiligung des Freistaates Sachsen.

Das Bild unten wurde von mistkaeferterror hinzugefügt.